Lesen, Reisen, Schreiben: Dieser Dreischritt ist den Pionierinnen der Reiselust einfach eigen! Freya Stark reflektierte dankbar diese Genüsse, aus denen ihr Leben sich speiste. Die Einflüsse von Kunst, Philosophie und Reisen ließen auch das Altern vergessen. Anregung und Neugier hielten sie jung: Freya Stark, geboren am 31. Januar 1893 in Paris, erlebte ihren 100. Geburtstag und verstarb, mittlerweile geadelt als Dame Freya Stark, am 9. Mai 1993 in Norditalien.
Als das vergangene Jahrhundert noch ganz frisch war und Freya Stark ihren 9. Geburtstag feierte, säte das Geschenk einer Tante den Samen einer großen Leidenschaft. Die Erzählungssammlung Tausendundeine Nacht weckte bei dem Mädchen Freya Madeline die Sehnsucht nach dem Orient – und die blieb. Freya Stark wuchs privilegiert auf, kosmopolitisch zwischen England und Italien und vor allem mit der Unterstützung von Mutter und Großmutter, beides emanzipierte und weltgewandte Frauen. Bereits als Kind konnte sie sich mehrsprachig verständigen und lernte reiten. Später lernte sie Arabisch und Persisch und studierte Geschichte. Sie arbeitete im Ersten Weltkrieg als Krankenschwester in Italien und für die Zensurbehörde in London.
Mit Mitte 30 hatte sie eine geplatzte Verlobung in Bologna hinter sich und entschloss sich ab 1927, ebenso das bekannte Europa hinter sich zu lassen und nun dem früh vernommenen Lockruf des Orients zu folgen. Ihre Reisen führten sie zunächst in den Libanon, nach Damaskus und in das Tal der Drusen – keine ungefährliche Mission, denn hier herrschte Kriegsrecht.
Eine nächste Reise führte bis Bagdad. Freya Stark verkehrte stets auch mit Einheimischen, was die koloniale Gesellschaft zutiefst irritierte. 1930 brach sie nach Persien auf und führte archäologische Studien in den Tälern der Assassinen durch. Sie wurde schwer krank, erlangte aber mit ihren Reiseschilderungen und Forschungsergebnissen – die ersten, die die europäische Welt aus dieser Region erreichten – große Anerkennung.
Als Expertin für die arabische Welt konnte Freya Stark Radiovorträge halten, die britische Kolonialverwaltung beraten und eine ganze Reihe von Auszeichnungen genießen. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete sie für das englische Propagandaministerium und verbrachte die letzte Zeit des Krieges in Indien am Hof des britischen Vizekönigs. Sie hatte sich mit ihrem umfangreichen Wissen erheblichen Respekt verschafft und beeindruckte zudem mit extravaganter Kleidung.
Spätere Reisen führten Freya Stark immer wieder in den Nahen Osten, unter anderem nach Afghanistan, in den Jemen, nach Ägypten, wiederholte Male in den Irak und nach Persien, nach Kurdistan und mit wachsendem Interesse in die Türkei. Mit bereits 86 Jahren ließ sie sich auch von körperlichen Einschränkungen nicht abhalten und bereiste das Annapurna-Gebirge im Himalaya. Der Kreis schloss sich in Asolo in Norditalien, wo sie in der seit ihrer Jugend geliebten Heimat ihrer Mutter die letzten Jahre ihres langen und überaus erfahrungsreichen Lebens verbrachte.
Zitate:
In einer fremden Stadt alleine aufzuwachen ist eine der angenehmsten Sensationen der Welt. (!!!)
Travel does what good novelists also do to the life of everyday, placing it like a picture in a frame or a gem in its setting, so that the intrinsic qualities are made more clear. Travel does this with the very stuff that everyday life is made of, giving to it the sharp contour and meaning of art.
Literatur:
Freya Stark: Im Tal der Mörder. Eine verbotene Reise in das geheimnisvolle Persien. (1936) Garching Hochbrück 1993.
Freya Stark: Pässe, Schluchten und Ruinen. Die abenteuerliche Reise einer Frau auf den Spuren Alexander des Großen in Kleinasien. (1958) München 2002.
Sylke Helbing: „Vergessne Weiten zu wandern auserlesen“: anglo-arabische Begegnungen im Reisebericht von Freya Stark und Wilfred Thesiger. Hildesheim 1998.
Jane Fletcher Geniesse: Passionate Nomad: The Life of Freya Stark New York 2001.
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