Als Renata Bühler und Manuela Polidori im Mai 1989 das erste Frauenhotel Deutschlands in Westberlin eröffneten, hätten höchstens sehr weise Seherinnen ahnen können, dass in ihrem Artemisia bald Hauptstadtluft geschnuppert würde. Aber nicht nur Berlin und seine Bewohner_innen haben seitdem Geschichte geschrieben, auch die beiden Gründerinnen haben mit ihrem mutigen Wagnis einen Stein ins Rollen gebracht. Von Frauen geleitete Hotels nur für Frauen entstanden in der Folge auch andernorts.
Die Pionierinnen hatten sich von ihrem Instinkt anleiten lassen. Als Reiseleiterinnen bei Frauengruppenreisen war ihnen aufgefallen, dass es eine Nachfrage nach erkennbar frauenfreundlichen Hotels gibt.
Vielerorts gehört nämlich die Übernachtungsfrage immer noch zu den eher misslichen Abenteuern, wenn Frauen alleine oder jedenfalls ohne männliche Begleitung reisen. Begehrliche Belagerung oder mitleidige Blicke bleiben beim Frühstück wie in der Hotelbar nicht immer aus, und es ist keineswegs nur ein Gerücht, dass alleine reisende Frauen häufig mit Katzentischen und Rumpelkammern vorlieb nehmen müssen.
Im Artemisia finden Frauen auf Berlin-Entdeckungstour einen ästhetisch ansprechenden Rückzugsort mit Einzel- und Doppelzimmern in verschiedenen Preiskategorien, liebevoll angerichtetem Frühstücksbüffet und traumhafter Dachterrasse – und das ganz zentral, unweit des Kudamms. Weibliche Kunst ist im Hotel stets präsent, denn die Namensgeberin Artemisia Gentileschi, eine Malerin des 17. Jahrhunderts, inspiriert auch zeitgenössische Künstlerinnen zu Ausstellungen und Leihgaben.
Das Team steht mit Rat und Tat bei der Planung des Berlinaufenthalts zur Seite und ist umfangreich vernetzt mit den weiblichen Umtrieben, Angeboten und Orten in der Stadt. Ich selbst liebe ja neben einem angenehmen Rückzug auch selbstinszenierte Streifzüge ins etwas unbekanntere Abseits, ganz gleich wo ich bin. Eindrucksvolle Fotos von Brigitte Proß-Klappoth illustrieren die Texte Axel Klappoths zu solch Verborgenen Orten in Berlin. Die Stimmungen der Stadt fängt Annett Gröschner ein und nennt sie Parzelle Paradies. Am Abend dann kann sich die Reisende an der Hotelbar im Artemisia mit anderen Entdeckerinnen über die erstaunlichen Seiten Berlins sicher trefflich austauschen.
[edit 2015: Das Hotel gibt es noch, aber es scheint nach Eigentümerwechsel kein reines Frauenhotel mehr zu sein…]
[…] http://www.frau-auf-reisen.de/?p=1207 […]
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Als Mann kann ich mich natürlich nicht so wirklich in die Probleme von alleine reisenden Frauen versetzen. Ich denke allerdings, dass frau schon damit umgehen können sollte, dass sie in einer Hotelbar auch einmal angeschaut oder sogar angesprochen wird. Wichtig scheint mir einfach, dass die Sicherheit gewährleistet bleibt. Zum Beispiel, dass im Falle einer Belästigung eingegriffen wird und so weiter.
Aber eigentlich hat mich an deinem Text etwas anderes ein bisschen irritiert. Du schreibst: „…es ist keineswegs nur ein Gerücht, dass alleine reisende Frauen häufig mit Katzentischen und Rumpelkammern vorlieb nehmen müssen.“
Es ist klar, dass dies eine stilistische Übertreibung ist und kein Hotel irgendjemand in eine echte Rümpelkammer schicken würde. Aber es fällt mir schwer zu glauben, dass es tatsächlich einen solchen Unterschied gibt. Hast du dazu irgendwelche weiterführenden Angaben oder beruht die Aussage einfach auf deinen eigenen Erfahrungen?
Lieber Oli, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich denke, dass es genau darum geht, dass die Lust darauf angeschaut/angemacht zu werden, individuell und phasenweise ganz unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Ich gehe ja auch davon aus, dass man selbst ein stückweit die Signale setzt. Ob jedoch immer und überall auch eindeutige Ablehnungssignale verstanden werden und die Sicherheit gewährleistet ist, ist die andere Frage. Vor allem aber: Gerade wenn Du schreibst, Frauen sollten damit umgehen können, heißt es ja auch sie sollten damit rechnen. Manchmal wollen sie das vielleicht einfach nicht… Einen Aspekt habe ich nicht weiter erwähnt, weil er für mich selbst nicht zutrifft. Natürlich sind Frauenhotels auch Plätze, an denen lesbische Frauen lieber Urlaub machen. Das macht es für mich eher ambivalent, wenn man ggf. dann auch dort die Welt durch zwei teilen kann. Hängt aber von der Anzahl guter Einzelzimmer ab.
Alleinreisende sind generell bisweilen gelackmeiert, sie zahlen mehr und bekommen oft die schlechteren Plätze. Ich habe es erlebt, dass ich in Restaurants, die gut gefüllt waren, alleine nicht mal Platz nehmen durfte. Oder man wird zu irgendwelchen Leuten gesetzt… Die Rumpelkammer mag übertrieben sein, aber es ist längst nicht überall so, dass Einzelzimmer genauso liebevoll eingerichtet sind wie Doppelzimmer – und sich preislich dennoch absetzen. Aber ich will das auch nicht generalisieren. Wäre ich nur auf Frauenhotels angewiesen, ich käme ja gar nicht mehr rum. Man kann auch sonst gut behandelt werden, auch solche Orte stelle ich gerne vor.
By the way, falls der Eindruck entstanden sein sollte oder bei irgendwem entstehen sollte, ich mache hier Auftragswerbung für das Artemisia, dem ist nicht so. Ich finde es schlicht toll, wenn Frauen etwas auf die Beine stellen, und ich finde es toll, wenn es Orte gibt, die auf Frauen zugeschnitten sind. Hier http://www.frau-auf-reisen.de/?p=880 wird ein weiteres Frauenhotel vorgestellt.
An meine weiteren Leser_innen. Welche Erfahrungen habt Ihr mit der Behandlung als Alleinreisende in normalen Hotels?
Sorry, hab deine Antwort erst jetzt gelesen.
Gut, aber so wie du das jetzt schreibst, klingt das schon recht anders. Zuvor hatte es den Anschein, als würden alleinreisende Frauen auf Grund ihres Frauseins schlechtere Zimmer bekommen (im Vergleich zu alleinreisenden Männern), was ich mir ehrlich gesagt nicht wirklich vorstellen kann. In deiner Antwort zeigt sich dann aber, dass du eigentlich Alleinreisende ganz allgemein meinst. Denn auch alleinreisende Männer bekommen schlechtere Zimmer als Paare.
Ich verstehe nicht so recht, wieso Frauen hier zu Opfern machen willst, wenn die benachteiligte Gruppe tatsächlich viel grösser ist und eben auch Männer beinhaltet. Das ist meiner Meinung nach nicht ganz in Ordnung.
Lieber Olli,
ich hoffe, die Missverständnisse sind nun ausgeräumt:-) Es sind einfach zwei Aspekte angesprochen: a) die immer mal wieder herausforderungsvollen Momente, wenn ein Mensch alleine reist und b) die Option, dass manche Frauen manchmal in einem Hotel unter sich sein wollen. Zu a) Du hast Recht: Ich schreibe nur von allein reisenden Frauen – das ist so, weil das nun mal der Fokus meines Blogs ist. Im übrigen habe ich mir aber fest vorgenommen, das „Einzelzimmerproblem“ hier in Zukunft immer mal wieder zu behandeln. D.h., immer dann wenn ich gute Angebote speziell für Alleinreisende finde. Zu b) Es gibt nun mal spezifische Bedrohungen oder zumindest Ärgernisse für Frauen. Da bin doch nicht ICH es, die die Frauen zu Opfern macht. Und ich stelle auch nicht in Abrede, dass auch Männer auf Reisen in bedrohliche Situationen kommen können.
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Ich habe mich hauptsächlich mit Frauen über das alleine Reisen unterhalten. Klar gibt es Aspekte, die völlig unabhängig vom Geschlecht sind. Wie Du meinem Artikel über einen Selbstversuch im Frauenhotel (an der Ostsee) entnehmen kannst, sehe und erlebe ich das alles durchaus differenziert. Wenn ich alleine auf Reisen bin, halte ich mich aber ganz automatisch eher an Reisebekanntschaften mit Frauen, ob das nun den Übernachtungsort mit einschließt oder nicht.